"DRehpunkt" Risiko- und Leistungsprüfung

Leistungsprüfung in der COVID-19-Pandemie

Die Delta-Variante breitet sich aus, und es sind steigende Infektionszahlen zu beobachten. Die vierte Welle hat begonnen – wie stark diese sein wird, bleibt abzuwarten. Gelegenheit für einen Blick auf die bisherigen Pandemieerfahrungen in der Leistungsprüfung.

Veränderung der beruflichen Tätigkeit

Für viele Personen hat sich das Berufsleben in den letzten anderthalb Jahren verändert. Der Arbeitsplatz hat sich in die eigenen vier Wände verlagert. Meetings werden digital durchgeführt und Dienstreisen wurden weitestgehend eingestellt. Das Belastungsprofil könnte somit für einige Personen als signifikant geringer betrachtet werden, welche nun überwiegend im Homeoffice gearbeitet haben: kein Pendeln, keine Staus, kein überfüllter ÖPNV keine Dienstreisen, Kontakte nur über Telefon oder Videocall und flexiblere Zeiteinteilung.

Einige Berufsgruppen sind in der Pandemie weit weniger gut weggekommen, z. B. bei Kurzarbeit oder Tätigkeitsverbot in der Gastronomie- oder Eventbranche: geringere Arbeitszeiten, weniger Einkommen,   Ersatztätigkeiten. Aber sind solche Veränderungen der Tätigkeiten bereits für die Leistungsprüfung maßgebend? Oder ist der Zustand vor der Pandemie entscheidend?

Entscheidend ist, ob der neue Zustand bereits prägend ist und auch künftig und dauerhaft erhalten bleibt. Die Rechtsprechung nimmt bei einer Dauer zwischen drei und sechs Monaten bereits eine die Lebensstellung prägende Tätigkeitsveränderung an. Hieran kann jedoch beim Thema Dienstreisen durchaus gezweifelt werden, da ihre Anzahl wieder zunimmt. Wenn Dienstreisen künftig wieder notwendig sind oder nach Kurzarbeit wieder vollschichtig gearbeitet wird, sind diese Teiltätigkeiten auch für die Leistungsprüfung relevant. Ob Unterbrechungen aufgrund der Pandemie oder Verordnungen zu deren Bekämpfung bereits eine prägende Tätigkeitsveränderung auslösen, ist stets eine Einzelfallbetrachtung, die Konfliktpotential birgt. Wir sehen hier jedoch im Normalfall noch keine die Lebensstellung prägende Tätigkeitsveränderung.

Versicherungsmedizin

Nach unserem Überblick werden weiterhin nur vereinzelt Leistungsanträge gestellt, die im Zusammenhang mit einer COVID-19 Infektion/Erkrankung stehen. Wir erwarten jedoch eine Steigerung der Fallzahlen aufgrund eines sogenannten Long-COVID. Betroffene leiden noch Monate später an Symptomen wie schneller Erschöpfung und eingeschränkter Leistungsfähigkeit sowie Lungen- und Herzproblemen. Auch psychische Probleme treten auf. Zu beobachten ist jedoch ein Mitwirken der Pandemie, z. B. bei unabhängig von der Pandemie auftretenden psychischen Beschwerden. Dies kann zu Problemen im Rahmen der Berufsausübung führen.

Vorvertragliche Anzeigepflicht

Im Rahmen einer Infektion aufgetretene Symptome oder gar schwere Verläufe mit Behandlungen bei Fachärzten oder im Krankenhaus finden sich nach Beantwortung der Gesundheitsfragen im Antrag wieder. Ob eine durchgemachte oder aktuell vorliegende Infektion bei Antragstellung anzugeben ist, hängt von der Formulierung der Antragsfragen ab. Hier ist zu prüfen, ob Infektionskrankheiten erfragt werden sollten. Wird dies bejaht, ist sicherzustellen, dass Formulierung und Erkrankungsbeispiele dem medizinischen Laien vor Augen führen, dass eine Angabepflicht besteht.

Eine grundsätzliche Angabepflicht einer COVID-Infektion, ohne konkrete Gesundheitsfrage, sehen wir nicht. Es gilt weiterhin der Grundsatz, dass nur das angegeben werden muss, wonach der Versicherer in Textform gefragt hat. Ohne konkrete Frage ist ein symptomloser Verlauf nicht angabepflichtig. Das ist auch gut so und ganz im Sinne eines weiterhin schlanken Antragsprozesses abgesehen von drohenden Reputationsschäden in der Leistungsprüfung.

Sie sind in der Leistungsprüfung auf ein durch die Pandemie ausgelöstes Problem gestoßen? Gerne unterstützen wir bei der Lösung.